NIRA.WEB®
Das Verfahren zur Auswertung der lokalen Radardaten liefert eine zeitlich und räumlich hochaufgelöste Niederschlagsverteilung für das gesamte Gebiet. Die in einer räumlichen Auflösung von 1 km² und einer zeitlichen Auflösung von bis zu fünf Minuten vorliegenden Daten werden über lokal erfasste Niederschlagsmengen aus einem Netz physischer Niederschlagsmessstationen angeeicht, das heißt auf Plausibilität geprüft und bei Bedarf korrigiert. Auf dieser Basis kann dann eine Prognose der Wetterdaten mit einer Vorhersagereichweite von bis zu 72 Stunden vorgenommen werden, die ebenfalls über das Portal abrufbar ist.
Diese Methode wird zum Beispiel seit Längerem bei den Wirtschafsbetrieben Oberhausen (WBO) eingesetzt. Dort sind 20 NiRA.web®-Stationen (Messpunkt mit 1 km² Einzugsbereich) im Einsatz, die das Stadtgebiet flächenmäßig abdecken. Die Daten werden genutzt, um Regenereignisse zu klassifizieren. Dies geschieht anhand der in der Wasserwirtschaft vielfach verwendeten KOSTRA-Tabellen. Die Abkürzung KOSTRA steht für „Koordinierte Starkniederschlagsregionalisierung und -auswertungen“. Des Weiteren nutzt man diese Daten auch zur Planung und Dimensionierung von Sonderbauwerken wie zum Beispiel Becken oder Pumpwerken.

Autonome Steuerung
Als Neuheit bietet NiRA.web® die Integration von Niederschlagsdaten als IoT-Variable in die Steuerungssysteme wasserwirtschaftlicher Anlagen. Damit besteht die Möglichkeit, insbesondere verfahrenstechnische Prozesse wie auf Kläranlagen in Abhängigkeit des zu erwartenden Niederschlags vorausschauend zu steuern, um beispielsweise die Belüftungszeiten in der Biologie passgenau und energiesparend auf die erwartete Zulaufsituation anzupassen. Zudem erhöht diese Informationskenntnis die Betriebssicherheit.
Bequem und multifunktional – Das Portal NiRA.web®
Der NiRA.web®-Anwender kann eine festzulegende Anzahl an Stationsstandorten mittels frei wählbarer Geokoordinate festlegen. Die Niederschlagswerte (historische, aktuelle und Prognosedaten) nebst Ganglinien sind für angemeldete Nutzer über das Internetportal www.nira-web.de jederzeit abrufbar. Außerdem können die Niederschlagsdaten durch einen automatisierten Abruf in weitere Systeme integriert werden. So ist zum Beispiel die Anbindung an die Datenauswertung bestehender Prozessleitsysteme eine erprobte Methode, die Niederschlagsdokumentation automatisch im Betriebstagebuch einer wasserwirtschaftlichen Anlage, z.B. Kläranlage, vorzunehmen. Hierzu können die Daten in das Leitsystem integriert und im Zusammenhang mit anderen Messdaten ausgewertet werden. Ein weiteres wasserwirtschaftliches Einsatzszenario ist die Nutzung der Daten in Niederschlags- und Hochwasserabflussmodellen. Bisher wurden nur Niederschlagsdaten aus langjährigen gemittelten Datenreihen wie z. B. bei KOSTRA, verwendet, bei denen sich die lokalen Besonderheiten nur unzureichend widerspiegeln, die insbesondere bei Starkregen sehr ausgeprägt sein können. Die Daten aus dem NiRA.web®-Portal können aufgrund ihrer hohen Auflösung diese Lücke schließen und lokale Besonderheiten berücksichtigen.

Rechts- und Betriebssicherheit
Um die immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse klassifizieren zu können (zur Klärung von Haftungs- und Versicherungsfragen im Schadensfall), wünschen immer mehr Verantwortliche in Kommunen die Erstellung des sogenannten Starkregenindex. Dieser wird von HST in Kooperation mit hydro & meteo angefertigt. Der Index hilft den Verantwortlichen dabei, Niederschläge nach ihrer Intensität (Zeit, Raum, Menge) einordnen zu können. Bei der Erstellung des Starkregenindex SRI12 (DWA-M 119) werden den Wiederkehrhäufigkeiten gemäß KOSTRA und den gemessenen Niederschlagsmengen Indexwerte von 1 bis 12 zugeordnet. Wiederkehrzeiten zwischen 1 und 100 Jahren werden den Indexwerten von 1 bis 7 zugeordnet. Starkregenereignisse mit einer Intensität >100 Jahren bilden die Klassen 8-12.
Zur Erhöhung der Betriebssicherheit von Anlagen und Netzen ist die Kenntnis erwarteter Niederschlagsereignisse von Bedeutung. Dazu bietet NiRA.web® individuell einstellbare Grenzwerte. Auf Basis individueller Erfahrung kann der Anwender die für ihn relevanten Niederschlagsmengen als Grenzwert definieren. Sobald dieser Wert in den Prognosedaten erreicht wird, erzeugt das System einen Alarm. Dadurch weiß der Anwender, wann der für ihn relevante Niederschlag zu einer bedrohlichen Gefahr werden kann und er entsprechend frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten muss.
Erweiterungen: KOSTRA auf Knopfdruck; Warnungen vor Starkregen deutlich verbessert
Einer der ersten kommunalen Anwender ist die große Kreisstadt Öhringen in Baden-Württemberg. Bei einem Starkregenereignis müssen die Verantwortlichen nicht mehr mittels KOSTRA-Tabellen manuell ermitteln, um was für ein Starkregenereignis es sich handelt. NiRA.web® ermittelt automatisch den erforderlichen Index und stellt diesen direkt als Markierung innerhalb der üblichen Ganglinien dar. Zudem erfolgt eine tabellarische Darstellung der Klassifizierungszuordnungen.
Zusammen mit hydro & meteo erfolgt die Integration von NiRA.web® in ein neuartiges Starkregenwarn- und -vorhersagesystem. Auf Basis meteorologischer Berechnungen werden speziell für wasserwirtschaftliche Anwendungen die Daten von NiRA.web® in Bezug auf Starkregenereignisse ausgewertet. Als Ergebnis werden die verschiedenen Warnstufen in einer visuellen Darstellung als sog. Ensemblevorhersage in NiRA.web® abgebildet und können als Alarmmeldungen abgesetzt werden.

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